SOS Pflegefall: Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung

Selbstbestimmt trotz Pflegefall: Die eigenen Entscheidungen und Wünsche kommunizieren, auch wenn man selbst nicht mehr in der Lage ist, diese zu äußern, ist für viele Menschen mit zunehmendem Alter und steigendem Pflegerisiko besonders wichtig. Wenn es um rechtliche, medizinische oder finanzielle Angelegenheiten geht, macht es daher Sinn, die eigenen Leitlinien so früh wie möglich festzulegen, damit Familie und Ärzte im Ernstfall handeln können. Eine umfassende Pflegevorsorge bringt die nötige Entscheidungssicherheit – für alle. Wie Ihnen Vorsorgedokumente helfen können, selbst über Ihre zukünftige Pflege und Versorgung zu entscheiden und welche Unterschiede es zwischen Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung gibt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

 

Wann tritt der Pflege- bzw. Betreuungsfall ein?

Ein Pflegefall ist nicht automatisch auch ein Betreuungsfall. Ein Pflegefall tritt dann ein, wenn eine Person aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, Aufgaben des alltäglichen Lebens im Haushalt oder zur Körperpflege selbstständig zu bewältigen. Je nach Schwere der Beeinträchtigung erfolgt eine Einstufung in einen Pflegegrad (I-V) und Betroffene erhalten Anspruch auf pflegerische Unterstützung, zum Beispiel in Form von Pflegegeld oder ambulanter bzw. stationärer Pflege.

Von einem Betreuungsfall hingegen spricht man dann, wenn eine Person auf Grund von Krankheit oder einer Behinderung ihre rechtlichen Angelegenheiten nicht selbständig bewältigen kann. Mit Hilfe eines Gerichts wird der Umfang der notwendigen rechtlichen Betreuung geklärt und je nach Vorsorgeregelung des Betroffenen ein gerichtlicher Betreuer oder eine Vertrauensperson mit den rechtlichen Angelegenheiten betraut.

 

Was ist eine Patientenverfügung?

Eine Patientenverfügung regelt den individuellen Wunsch in Bezug auf medizinische Maßnahmen, wenn man selbst nicht mehr handlungs- bzw- entscheidungsfähig ist (Einwilligungsunfähigkeit) und stellt eine Handlungsanweisung an medizinisches Personal dar (zum Beispiel Ärzte, Sanitäter, Pflegepersonal). Hierbei geht es vorrangig um Entscheidungen in zwei Bereichen:

  • lebenserhaltende Maßnahmen (Reanimation, etc.)
  • Umgang mit schmerzlindernden Medikamenten

Eine Patientenverfügung kann jede einwilligungsfähige, volljährige Person selbständig verfassen und rechtskräftig unterzeichnen. Durch das Formulieren konkreter medizinischer Maßnahmen, die in einer Patientenverfügung entweder erlaubt oder untersagt werden, ist es sinnvoll, sich vorab Beratung durch einen Arzt oder Fachmann einzuholen.

 


TIPP
Das Bundesgesundheitsministerium bietet Ihnen Unterstützung bei der Formulierung einer Patientenverfügung an. Zudem stellen die Verbraucherzentralen in Kooperation mit dem Bundesministerium für Justiz ein Online-Formular zum selbständigen Ausfüllen einer Patientenverfügung zur Verfügung.


 

Da Angehörige nicht automatisch über medizinische Maßnahmen informiert werden dürfen oder darüber entscheiden dürfen – nur bei Vorlage einer Pflegevollmacht bzw. Vorsorgevollmacht – erleichtert eine Patientenverfügung das schnelle Vorgehen im Notfall ganz im Sinne des Betroffenen.

 


INFO
Informieren Sie Verwandte und Bekannte über Ihre Patientenverfügung und wo Sie diese aufbewahren. Im Notfall muss dem behandelnden Arzt das Original schnell vorgelegt werden. Alternativ gibt es die Möglichkeit, Ihre Patientenverfügung beim zentralen Vorsorgeregister gegen Gebühr zu hinterlegen.


 

Was ist eine Betreuungsverfügung?

Wenn durch Unfall, Krankheit oder im Alter rechtliche Angelegenheiten, wie Finanzen, Verträge oder Behördengänge, nicht mehr ganz oder teilweise nicht selbständig getätigt werden können, wird ein gerichtliches Verfahren zur Bestimmung der rechtlichen Betreuung eingeleitet. Mit einer Betreuungsverfügung legen Sie selbst eine Vertrauensperson fest, die dann entsprechend den Auflagen und Maßnahmen durch das Gericht für Sie handelt. Selbst Ehepartner oder Kinder müssen durch eine Betreuungsverfügung erst dazu bevollmächtigt werden, die rechtliche Betreuung einer Person übernehmen zu dürfen. Es sei denn, es liegt eine Pflegevollmacht bzw. Vorsorgevollmacht oder eine Generalvollmacht vor (siehe nächster Abschnitt).

In einer Betreuungsverfügung können Sie Folgendes festlegen:

  • Vertrauensperson A als Betreuer
  • Vertrauensperson B als alternativer Betreuer
  • Personen, die auf keinen Fall als Betreuer bestellt werden sollen
  • Wünsche in Bezug auf die Wahrnehmung der Angelegenheiten durch einen Betreuer


TIPP
Formulare zum Erstellen einer Betreuungsverfügung finden Sie zum Beispiel auf der Website der Malteser oder dem Bundesministerium für Justiz.


 

Auch wenn eine Betreuungsverfügung bereits durch die Unterschrift des Verfassers rechtskräftig Gültigkeit erlangt, gibt es die Möglichkeit diese auch durch einen Notar beglaubigen zu lassen. Dadurch kann eine eventuelle Gültigkeitsprüfung durch das Gericht umgangen werden.

 


INFO
Seit dem 1. Januar 2023 gilt das sogenannten Notvertretungsrecht für Ehegatten in Gesundheitsangelegenheiten für maximal 6 Monate.


 

Was ist eine Pflegevollmacht bzw. eine Vorsorgevollmacht?

Mit einer Vorsorgevollmacht legen Sie für den Betreuungsfall eine Vertrauensperson fest, zum Beispiel einen Angehörigen oder eine Pflegeperson, die Ihre Angelegenheiten in Ihrem Sinne stellvertretend entscheidet. Hierbei können Sie genau festlegen, auf welche medizinischen, pflegerischen oder rechtlichen Bereiche sich die Vollmacht erstreckt.

Bereiche einer Vorsorgevollmacht:

  • Gesundheitssorge/Pflegebedürftigkeit
  • Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten
  • Behörden
  • Vermögenssorge
  • Post und Fernmeldeverkehr
  • Vertretung vor Gericht
  • Untervollmacht
  • Betreuungsverfügung
  • Geltung über den Tod hinaus
  • Weitere eigene Regelungen

Mit einer Vorsorgevollmacht umgehen Sie eine vom Gericht bestellte Betreuung, die auf Grund vorgegebener Verfahrensweisen und der Übertragung einer Entscheidungsvollmacht auf eine fremde Person durchaus zu einer Belastung für die Familie werden kann.

Eine Vorsorgevollmacht müssen Sie sowie die bevollmächtigte Person bei einem Notar beglaubigen lassen. Die Vorsorgevollmacht ist zudem nur dann gültig, wenn die bevollmächtigte Person diese im Original vorzeigen kann.

 


INFO
Im Gegensatz zu einer Vorsorgevollmacht erlaubt eine Generalvollmacht der bevollmächtigten Person alle Rechtsgeschäfte stellvertretend für eine Person zu tätigen, auch wenn diese noch rechtsfähig und kein Betreuungsfall ist. Entscheidungen zu medizinischen Angelegenheiten oder der Unterbringung einer Person müssen jedoch ausdrücklich in einer Generalvollmacht formuliert sein.  Ausgeschlossen sind höchstpersönliche Rechtsangelegenheiten, wie zum Beispiel eine Heirat.


 

Welche Vollmachten oder Verfügungen sind im Pflegefall sinnvoll?

Ob Patientenverfügung, Betreuungsverfügung oder Vorsorgevollmacht – die Wahl der Vorsorgedokumente hängt natürlich von Ihrer individuellen Situation ab.
Damit Sie eine sichere medizinische Vorsorge für den Pflege- oder Betreuungsfall haben und somit für sich selbst, Ihre Familie und Ihre Ärzte Handlungssicherheit besteht, ist eine Patientenverfügung eine sinnvolle Maßnahme.
Wenn Sie eine Vertrauensperson haben, der Sie wichtige Entscheidungen über Ihr Leben anvertrauen wollen und können, dann empfiehlt es sich zudem eine individuelle Vorsorgevollmacht auszustellen. Somit stellen Sie sicher, dass nicht ein vom Gericht bestellter fremder Betreuer für Sie im Ernstfall entscheidet. Das Ausstellen einer Generalvollmacht sollte wohl überlegt sein und empfiehlt sich eher bei Personen in einer engen Vertrauensbeziehung, zum Beispiel bei Lebens- oder Ehepartnern.

Darüber hinaus kann eine separate Bankvollmacht Sinn machen, damit im Notfall ohne Verzögerung eine Person Ihres Vertrauens Ihre finanziellen Angelegenheiten regeln kann.  

Kurz zusammengefasst:
SOS Pflegefall: Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung

  • Damit Sie auf den Ernstfall vorbereitet sind, empfiehlt es sich, schon frühzeitig die eigene Wünsche in Vorsorgedokumenten, wie Patientenverfügung, Betreuungsvollmacht oder Vorsorgevollmacht, festzuhalten.
  • Mit einer Patientenverfügung legen Sie Handlungsanweisungen für medizinisches Personal fest. Sie bestimmen, welche Maßnahmen bei Ihnen durchgeführt werden dürfen – besonders in Bezug auf Reanimation oder Medikation. 
  • Wenn durch Krankheit oder Alter der Betreuungsfall eintritt, stellen Sie mit einer Betreuungsvollmacht sicher, dass eine Person Ihres Vertrauens und nicht ein vom Gericht bestellter Betreuer Ihre Rechtsgeschäfte in Ihrem Sinne und entsprechend den gerichtlichen Auflagen tätigt.
  • Eine Pflegevollmacht bzw. Vorsorgevollmacht gibt Ihnen die Möglichkeit, im Betreuungsfall eine gerichtliche Betreuung zu umgehen und stattdessen eine Vertrauensperson Ihrer Wahl mit einer umfassenden Entscheidungsbefugnis über Ihre medizinischen, pflegerischen und rechtlichen Angelegenheiten auszustatten.
  • Für den Pflegefall ist eine medizinische Vorsorge in Form einer Patientenverfügung sowie eine Vorsorgevollmacht zur Absicherung Ihrer Interessen durch eine Vertrauensperson sinnvoll. Weiterhin kann durch eine Bankvollmacht sichergestellt werden, dass Ihre finanziellen Angelegenheit auch im Ernstfall problemlos erledigt werden können.

 

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