Entlastung für pflegende Angehörige: So geht's.

Wenn ein geliebter Mensch zum Pflegefall wird, übernimmt häufig ein naher Angehöriger die Pflege. So kann der Pflegebedürftige zu Hause betreut werden, was viele Vorteile mit sich bringt, wie die Gestaltung des Pflegealltags in familiärer Umgebung oder schnelle Entscheidungswege in Bezug auf pflegerische Maßnahmen. Für pflegende Angehörige ist die Pflegesituation allerdings häufig eine große Belastung, denn mit der Pflege geht auch viel Verantwortung einher. Im Jahr 2021 waren in Deutschland 4,96 Millionen Menschen pflegebedürftig, wovon 63 Prozent durch nahe Angehörige gepflegt wurden. Welchen Herausforderungen pflegende Angehörige begegnen und welche Möglichkeiten der Entlastung und Hilfe es gibt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

 

Welche Herausforderungen müssen pflegende Angehörige bewältigen?

Während die häusliche Pflege eines geliebten Menschen eine gute Möglichkeit ist, dem Pflegebedürftigen die bestmögliche Lebensqualität zu ermöglichen, kann dies für pflegende Angehörige anspruchsvoll und belastend sein. Pflegende Angehörige stehen besonderen Herausforderungen gegenüber:

  • Physische Belastung
  • Emotionale Belastung
  • Soziale Isolation

Physische Belastung

Pflegerische Tätigkeiten können sehr anstrengend sein. Gerade wenn der Pflegebedürftige körperliche Beeinträchtigungen oder spezielle medizinische Bedürfnisse hat, sind pflegende Angehörige einer hohen physischen Belastung ausgesetzt. Das kann die Hilfe beim Aufstehen aus dem Bett sein oder das Verstauen des Rollstuhls im Auto. Diese körperlichen Herausforderungen stellen langfristig ein gesundheitliches Risiko dar, denn sie können zu Rücken- oder Nackenschmerzen führen.

Emotionale Belastung

Hilflosigkeit, eingeschränkte Mobilität oder zunehmend kognitive Verluste sind die Auswirkungen von Alter und Krankheit auf einen Pflegebedürftigen. Diese Veränderungen bei einem geliebten Menschen zu beobachten und als Unterstützung einen Ausgleich im Alltag zu schaffen, kann pflegende Angehörige stark emotional belasten. Stress, Angstzustände oder Depressionen sind die Folge.  

Soziale Isolation

Die Pflege eines nahen Angehörigen mit der eigenen Familie, dem Haushalt und noch dem Beruf unter einen Hut zu bringen, ist häufig ein Rund-um-die-Uhr-Job. Da bleibt kaum noch Zeit, um sich mit Freunden zu treffen oder dem Hobby nachzugehen. Der Mangel an sozialen Aktivitäten kann schließlich zu Einsamkeit und einem Gefühl der Isolation führen.

 

Welche EntlastungsBETRÄGE und Hilfe gibt es für pflegende Angehörige?

Pflegende Angehörige haben einen Anspruch auf Unterstützung, um für Ihre anstrengende Pflegetätigkeit, die oft nebenberuflich ausgeübt wird, entlastet zu werden. Je nach individuellem Unterstützungsbedarf gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Finanzielle Hilfe
  • Beratung und Pflegekurse
  • Angebote der Verhinderungspflege, der Kurzzeitpflege, der Tages- bzw. Nachtpflege

Finanzielle Hilfe

Pflegegeld

Als finanzielle Hilfe können Pflegebedürftige (Pflegegrad 2-5) Pflegegeld beantragen. Je nach Einstufung in einen Pflegegrad stehen dem Pflegebedürftigen monatlich zwischen 316 Euro und 901 Euro zur Verfügung. Dieses Geld kann der Pflegebedürftige frei verwenden und zum Beispiel als Aufwandsentschädigung einem Angehörigen für dessen Pflegetätigkeit geben.

Entlastungsbetrag

Pflegebedürftige in häuslicher Pflege haben einen Anspruch auf einen Entlastungsbetrag bis zu einer Höhe von 125 Euro monatlich. Der Entlastungsbetrag ist zweckgebunden, was bedeutet, dass das Geld der Entlastung pflegender Angehöriger dient. Außerdem sollen Pflegebedürftige so bei der selbstbestimmten Gestaltung ihres Alltags unterstützt werden. Mit dem Entlastungsbetrag kann daher ein ambulanter Pflegedienst oder sonstige haushaltsnahe Tätigkeit finanziert werden.


INFO
Je nach Umfang der Pflegebedürftigkeit kann eine zeitweise Vollzeitpflege für einen Angehörigen notwendig sein. Der Staat unterstützt pflegende Angehörige dabei und sieht in diesem Fall eine berufliche Auszeit für eine Familienpflegezeit im Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf vor. Darin geregelt ist das Pflegeunterstützungsgeld, das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz.


TIPP
Die gesetzliche Pflegeversicherung übernimmt bei einem Pflegefall nur einen Teil der Kosten für Pflege und zahlt nach Pflegegrad festgelegte Leistungssätze. Auf Pflegebedürftige und ihre Angehörigen kommt ein hoher Anteil an Eigenleistung zu. Für Kinder steht die Frage nach dem Elternunterhalt im Raum. Schützen Sie sich und Ihre Familie vor dem finanziellen Risiko im Pflegefall am besten mit einer privaten Pflegeversicherung.


Beratung und Pflegekurse

Pflegebedürftige und pflegende Angehörige können sich bei der zuständigen Pflegekasse zu allen Fragen rund um das Thema Pflege und Pflegeleistungen kostenlos beraten lassen. Ebenso bieten die örtliche Diakonie oder private Pflegedienste eine kostenlose Beratung zur individuellen Pflegesituation an.

Pflegekurse

Viele pflegende Angehörige sind mit den organisatorischen Maßnahmen oder notwendigen Vorsorgedokumenten einer Pflegesituation sowie einer alltäglichen Pflegeroutine nicht vertraut. Daher ist die zuständige Pflegekasse eines Pflegebedürftigen der erste Ansprechpartner, wenn es um Schulungen oder Pflegekurse für Angehörige geht. Ob als online Pflegekurs oder praktische Gruppenmaßnahme können Interessierte sich über die Pflegekasse kostenlos bei Pflegediensten oder karitativen Einrichtungen weiterbilden. In manchen Fällen sind auch Einzelkurse vor Ort möglich.

 

Angebote der Verhinderungspflege, der Kurzzeitpflege oder Tages- bzw. Nachtpflege

Auch pflegende Angehörige haben das Recht auf eine Auszeit oder Urlaub. Daher gibt es verschiedene Angebote, die es pflegenden Angehörigen ermöglichen, ihre pflegebedürftigen Verwandten während ihrer Abwesenheit in einer professionellen Pflegeeinrichtung unterzubringen.

Verhinderungspflege

Ob Krankheit oder Urlaub: Wenn eine private Pflegeperson vorübergehend die Pflege und Betreuung eines Angehörigen nicht gewährleisten kann, zahlt die Pflegeversicherung die Ersatzpflege (Pflegegrad 2-5) in einer Pflegeeinrichtung für insgesamt 6 Wochen im Jahr.

Kurzzeitpflege

Unter Kurzzeitpflege versteht man einen zeitlich begrenzten Aufenthalt von bis zu acht Wochen pro Jahr in einer vollstationären Pflegeeinrichtung. Damit soll sichergestellt werden, dass Pflegebedürftige vor allem nach einem Krankenhausaufenthalt umfassend betreut sind oder wenn die Pflege zu Hause kurzzeitig nicht im erforderlichen Maße geleistet werden kann.


TIPP
Die Höhe der Leistungen für Kurzzeitpflege beträgt unabhängig vom Pflegegrad (2-5) 1.774 Euro pro Jahr. Falls im Kalenderjahr noch nicht alle Leistungen der Verhinderungspflege abgerufen wurden, können diese bis zu einem Gesamtbetrag von 3.386 Euro auch für die Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden. 



Tages- und Nachtpflege

Bei der Tages- bzw. Nachtpflege handelt es sich um die zeitweise teilstationäre Betreuung eines Pflegebedürftigen während des Tages oder der Nacht, wenn pflegenden Angehörigen zum Beispiel aus beruflichen Gründen die häusliche Pflege nicht möglich ist.

 

KUREN UND SELBSTHILFEGRUPPEN: ANGEBOTE FÜR ANGEHÖRIGE

Damit pflegende Angehörige nicht nur auf die Gesundheit des Pflegebedürftigen achten, sondern insbesondere auch auf ihre eigene, gibt es eine Vielzahl an Entlastungs- und Hilfsangeboten, wie zum Beispiel:

  • Kur
  • Rehaklinik
  • Selbsthilfegruppen

Kur

Unter dem Leitgedanken „Kraft für den Alltag tanken“ erhalten pflegende Angehörige vom Staat die Möglichkeit, an einer Kur oder einer medizinischen Vorsorge- bzw. Rehabilitationsmaßnahme teilzunehmen. Das Müttergenesungswerk bietet hier in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ein umfangreiches Angebot mit individueller Beratung an.

Rehaklinik

Um Rehamaßnahmen leichter zugänglich zu machen, gibt es für pflegende Angehörige die Möglichkeit, einen Aufenthalt in einer Rehaklinik gemeinsam mit ihrem pflegebedürftigen Familienmitglied zu besuchen. Dadurch sollen Bedenken in Bezug auf die Betreuung des Pflegebedürftigen während einer längeren Abwesenheit ausgeräumt werden.

Selbsthilfegruppen

„Du bist nicht allein!“: Viele pflegende Angehörige fühlen sich mit der Pflege eines Familienmitglieds überfordert und sind mit Sorgen und Probleme im Pflegealltag auf sich alleine gestellt. Da kann es helfen, wenn man sich mit Gleichgesinnten zusammenfindet und persönliche Erfahrungen austauscht. In einer Selbsthilfegruppe haben pflegende Angehörige die Möglichkeit, Probleme anzusprechen, die besonders in einer solchen Gruppe auf Verständnis treffen. Informationen zu Selbsthilfegruppe-Angeboten erhalten Interessierte bei der Pflegekasse oder den örtlichen karitativen Einrichtungen.

 

Kurz zusammengefasst: 
Entlastung für pflegende Angehörige: So geht's.

  • Pflegende Angehörige sehen sich einer Vielzahl an Herausforderungen gegenüber, wie physische und emotionale Belastung oder soziale Isolation.
  • Doch es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Entlastung pflegender Angehöriger
    • Finanzielle Hilfe: Pflegegeld, Entlastungsbetrag, Pflegeunterstützungsgeld (Familienpflegezeit)
    • Beratung zu allen Fragen rund um das Thema Pflege bei der zuständigen Pflegekasse sowie kostenlose Angebot für Pflegekurse 
    • Angebote der Verhinderungspflege (Ersatzpflege für bis zu 6 Wochen), Kurzzeitpflege (vollstationäre Pflege bis zu 8 Wochen) oder Tages- bzw. Nachtpflege (zweitweise teilstationäre Pflege)
  • Pflegende Angehörige können sich vor der Belastung einer Pflegesituation gesundheitlich schützen durch das Angebot von:
    • Kuren für pflegende Angehörige (zum Beispiel über das Müttergenesungswerk)
    • Aufenthalt in einer Rehaklinik (Möglichkeit für pflegende Angehörige gemeinsam mit ihrem pflegebedürftigen Familienmitglied)
    • Selbsthilfegruppen für pflegende Angehörige (Angebot über die zuständige Pflegekassen oder karitative Organisationen)

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